Globales Lernen und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE)

 

Globales Lernen ... eine pädagogische Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung.

Ziel des Globalen Lernens ist es, den Erwerb derjenigen Kompetenzen zu unterstützen, die wir benötigen, um uns in der Weltgesellschaft – heute und in Zukunft – zu orientieren und verantwortlich darin zu leben.

 

Die Begriffe „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und „Globales Lernen“ gehören in den Alltag schulischer und außerschulischer Bildungsarbeit, nicht erst seitdem die Vereinten Nationen die Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) (2005-2014) ausgerufen haben. Ziel der BNE ist es, die Prinzipien der 1992 in Rio beschlossenen Agenda 21 weltweit umzusetzen.

Die Leitbilder nachhaltiger Entwicklung sind:
•    ökologische Verträglichkeit,
•    soziale Integration,
•    demokratische Politikgestaltung (Good Governance),
•    wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Das Ziel des Bildungskonzeptes Bildung für nachhaltige Entwicklung ist es, die (notwendigen) politischen, ökologischen und wirtschaftlichen Wandlungsprozesse durch eine Bewusstseinsbildung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zu unterstützen. Die BNE führt Aspekte der Umwelt- und Entwicklungspolitik zusammen. Sie möchte ein Engagement für nachhaltige Entwicklung, veränderte Konsum- und Verhaltensmuster sowie ein verändertes Gerechtigkeitsempfinden und Umweltbewusstsein erreichen.

Zur Verwirklichung dieser Ziele wurde das Konzept der Gestaltungskompetenz ausformuliert. Unter Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit verstanden, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Ansätze einer nicht nachhaltigen Entwicklung erkennen zu können. Dazu gehört, aus Gegenwartsanalysen und Zukunftsstudien Schlussfolgerungen über ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungen im globalen Kontext und in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit ziehen und darauf basierende Entscheidungen treffen, verstehen und individuell, gemeinschaftlich und politisch umsetzen zu können (vgl. transfer-21, Orientierungshilfe BNE, 2007). Um den Begriff der „Gestaltungskompetenz“ konkret beschreiben zu können, wurden von Gerhard de Haan so genannte Teilkompetenzen formuliert:

Teilkompetenzen der Gestaltungskompetenz
1. Perspektivübernahme: Weltoffen und mehrperspektivisch integrierendes Wissen aufbauen.
2. Antizipation: Vorausschauend denken und handeln.
3. Disziplinübergreifender Erkenntnisgewinn: Interdisziplinär Erkenntnisse gewinnen und handeln.
4. Umgang mit unvollständigen und überkomplexen Informationen.
5. Kooperation: Gemeinsam mit anderen planen und handeln können.
6. Bewältigung individueller Entscheidungsdilemmata: Dilemmata bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen können.
7. Partizipation: An kollektiven Entscheidungsprozessen teilhaben können.
8. Motivation: Sich und andere motivieren können, aktiv zu werden.
9. Reflektion: Eigene Leitbilder und die anderer reflektieren können.
10. Moralisches Handeln: Vorstellungen von Gerechtigkeit als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage nutzen können.
11. Eigenständiges Handeln: Selbstständig planen und handeln können.
12. Unterstützung anderer: Empathie und Solidarität für Benachteiligte zeigen können

 

Das Konzept Globales Lernen ist aus der Praxis entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen hervorgegangen. Das Globale Lernen versteht sich weitesgehend als Teil einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und betont dabei insbesondere die globalen und sozial/politischen Dimensionen der Nachhaltigkeit.

 

Ziel Globalen Lernens ist

1. die Sensibilisierung für Zusammenhänge zwischen unserem Lebensstil und den globalen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Problemen und die Anregung, Handlungsmöglichkeiten im eigenen Lebensumfeld zu entdecken und umzusetzen, sowie

2. der Erwerb von Schlüsselkompetenzen, wie beispielsweise Perspektivenwechsel, Empathie, Übernahme von Verantwortung und Kommunikationskompetenz.

Es gibt verschiedene Theorien zu den Konzepten Globalen Lernens. Mit dem Globalen Lernen möchten wir:

• ein Bewusstsein dafür schaffen, wie sich Globalisierung lokal ereignet und welche globalen Konsequenzen unser lokales Handeln hat

• zur Auseinandersetzung mit der Frage nach Gerechtigkeit anregen, sowohl im globalen Kontext als auch im persönlichen Umfeld

• neben Umweltthemen soziale, wirtschaftliche und politische Faktoren nicht vernachlässigen, sondern als miteinander verknüpft betrachten

• neben kognitiven insbesondere auch emotionale und soziale Aspekte einbeziehen, d.h. die Ebenen des Erkennens, (Be-)Urteilens und Handelns miteinander verbinden

• dazu anregen, die eigene Rolle in der Weltgesellschaft kritisch zu betrachten und sie verantwortlich zu gestalten

• das Konzept Globales Lernen als Kontexterweiterung und durchgängiges Lernprinzip verstehen und nicht als zusätzlichen Lernstoff (oder separates Unterrichtsfach)  

• mit dem Globalen Lernen früh beginnen! Kinder frühzeitig zu sensibilisieren heißt, der Bildung von Stereotypen und Klischees vorzubeugen

• das einzelne Individuum mit seinen Befindlichkeiten, Erfahrungen und Interessen im Blick haben (Subjektorientierung).

Sowohl die Bildung für nachhaltige Entwicklung als auch das Globale Lernen arbeiten auf eine veränderte Bewusstseinsbildung und Handlungsfähigkeit hin.

Beide Ansätze möchten den Erwerb von Kompetenzen unterstützen, die wir benötigen, um uns in der Weltgesellschaft – heute und in Zukunft – zu orientieren und verantwortlich in ihr zu leben.

Nachhaltig zu denken und zu handeln, sowie gleiche Lebenschancen für alle zu schaffen bzw. zu erhalten, ist eine große Herausforderung an die Politik und an jeden einzelnen von uns. Globales Lernen und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen dabei unterstützen, diese Anforderungen zu erkennen und Fähigkeiten zu entwickeln, die Zukunft und unsere Umwelt nachhaltig und kreativ zu gestalten.

 

Anschluss- und Umsetzungsmöglichkeiten des Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung in der Schule

Entwicklungspolitische Lernziele und angestrebte Kompetenzen schulischer Arbeit liegen teilweise nicht weit auseinander: In der Diskussion um Bildungsziele rücken neben dem Wissenserwerb (Sachkompetenz) und der Fähigkeit, „das Lernen zu lernen“ (Methodenkompetenz), auch die Förderung der Sozial- und Selbstkompetenzen in der Schule zunehmend in den Vordergrund.

Der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) und der Kultusministerkonferenz (KMK) herausgegebene Orientierungsrahmen (2007) soll dabei helfen, den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung im Unterricht aller Schulformen und -stufen zu verankern.

In den Lehrplänen der Schulen lassen sich viele Anschlussmöglichkeiten an die Themen und Kompetenzen des Lernbereichs Globale Entwicklung finden. Dies wird durch die Neuausrichtung des Unterrichts auf Kompetenzorientierung erleichtert: Aktive, selbstgesteuerte, situative und konstruktiver Lernprozesse unterstützen die Kinder dabei Fähigkeiten wie Selbständigkeit, Selbst- und Mitentscheidung zu erlangen, um das gesellschaftliche Leben mitzugestalten und mitzuverantworten“ (vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Richtlinien für die Grundschule 2008, S.8)

Im Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung werden u.a. folgende Themenbereiche und Kompetenzen aus dem Lernbereich „Globale Entwicklung“ aufgelistet:

Themenbereiche
•    Vielfalt der Werte, Kulturen und Lebensverhältnisse
•    Waren aus aller Welt: Produktion, Handel und Konsum
•    Landwirtschaft und Ernährung
•    Bildung
•    Schutz und Nutzung natürlicher Ressourcen und Energiegewinnung
•    Globale Umweltveränderungen
•    Mobilität, Stadtentwicklung und Verkehr
•    Globalisierung von Wirtschaft und Arbeit
•    Armut und soziale Sicherheit
•    Frieden und Konflikt
•    Politische Herrschaft, Demokratie und Menschenrechte (Good Governance)

u.a.

vgl. Tabelle „Themenbereiche und Kompetenzen“ im Orientierungsrahmen der KMK und des BMZ (2007), S. 82

…und Kompetenzen

Primäres Ziel des Lernbereichs Globale Entwicklung ist der Erwerb von Kompetenzen in Verbindung mit den aufgelisteten Themen. Die Auseinandersetzung mit den Themenbereichen erfolgt entsprechend dem Dreischritt Erkennen – Bewerten – Handeln.

 

Die Schülerinnen und Schüler können…

Erkennen  

1. Informationsbeschaffung und -verarbeitung
… Informationen zu Fragen der Globalisierung und Entwicklung beschaffen und themenbezogen verarbeiten.

2. Erkennen von Vielfalt
…die soziokulturelle und natürliche Vielfalt in der Einen Welt erkennen.

3. Analyse des Globalen Wandels
…Globalisierungs- und Entwicklungsprozesse mit Hilfe des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung fachlich analysieren.

4. Unterscheidung gesellschaftlicher Handlungsebenen
…gesellschaftliche Handlungsebenen, vom Individuum bis zur Weltebene, in ihrer jeweiligen Funktion für Entwicklungsprozesse erkennen.

Bewerten 

5. Perspektivenwechsel und Empathie
…eigene und fremde Wertorientierungen in ihrer Bedeutung für die Lebensgestaltung sich bewusst machen, würdigen und reflektieren.

6. Kritische Reflexion und Stellungnahme
…durch kritische Reflexion zu Globalisierungs- und Entwicklungsfragen Stellung beziehen und sich dabei an der internationalen Konsensbildung, am Leitbild nachhaltiger Entwicklung und an den Menschenrechten orientieren.

7. Beurteilung von Entwicklungsmaßnahmen
…Ansätze zur Beurteilung von Entwicklungsmaßnahmen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Rahmenbedingungen erarbeiten und zu eigenständigen Bewertungen kommen.

Handeln   

8. Solidarität und Mitverantwortung
…Bereiche persönlicher Mitverantwortung für Mensch und Umwelt erkennen und als Herausforderung annehmen.

9. Verständigung und Konfliktlösung
…soziokulturelle und interessenbestimmte Barrieren in Kommunikation und Zusammenarbeit sowie bei Konfliktlösungen überwinden.

10. Handlungsfähigkeit im globalen Wandel
…die gesellschaftliche Handlungsfähigkeit im globalen Wandel durch Offenheit und Innovationsbereitschaft sowie durch eine angemessene Reduktion von Komplexität sichern und die Ungewissheit offener Situationen ertragen.

11. Partizipation und Mitgestaltung
Die Kinder sind auf Grund ihrer mündigen Entscheidung bereit, Ziele nachhaltiger Entwicklung im privaten und schulischen Bereich zu verfolgen und sich an ihrer Umsetzung auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zu beteiligen.

vgl. „Kernkompetenzen des Lernbereichs Globale Entwicklung“ im Orientierungsrahmen der KMK und des BMZ (2007), S. 77f.

 

Veranstaltungen

Weltnacht Festival Bielefeld 2006